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Laura und Phillip vom FOERBICO Team gehen der Frage nach,
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Laura und Phillip vom FOERBICO Team gehen der Frage nach,
ob das meist verkaufte Buch der Welt, die Bibel,
eigentlich für Open Educational Resourses anwendbar ist.
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# Ist die Bibel eigentlich *open*?
Es ist November. Bald beginnt die Adventszeit und Lehrpersonen oder pädagogische Fachkräfte greifen gerne auf biblische Texte aus dem Alten und Neuen Testament zurück, um die Adventszeit in ihrer Schule oder Kita zu gestalten. Die Bibel gehört zum Grundelement religiöser Bildungsprozesse und viele Didaktiker:innen entwickeln spannendes Material dazu, wie man mit der Bibel zielgruppenorientiert arbeiten kann.
Dabei stoßen sie früher oder später auf eine wichtige Frage: Ist die Bibel eigentlich *open*? Können biblische Texte für OER, also für Bildungsmaterial, das unter einer offenen CC-Lizenz steht und mit anderen frei geteilt werden kann, bedenkenlos verwendet werden?
![Eine Offene Bibel](an-open-bible_Lynn_Greyling_Small.png)
["An Open Bible" by Lynn Greyling](https://www.publicdomainpictures.net/de/view-image.php?image=439364&picture=eine-offene-bibel)
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## Schmerzhafte Antwort: *Nein*
Die kurze und schmerzhafte Antwort lautet *Nein*, zumindest wenn man auf gängige und etablierte Versionen der Verlage wie z. B. der Deutschen Bibelgesellschaft oder des Katholischen Bibelwerks zurückgreift. Beispielsweise steht auf der Seite der Deutschen Bibelgesellschaft:
>„Unsere Publikationen unterliegen dem Urheberrechtsschutz, daher benötigen Sie für eine Verwendung grundsätzlich eine schriftliche Genehmigung von uns. In bestimmten Fällen ist diese allerdings verzichtbar“ [Deutsche Bibelgesellschaft](https://www.die-bibel.de/lizenzen).
Diese bestimmten Ausnahmen gelten für Gliedkirchen der evangelischen Landeskirche, Mitglieder bzw. Gastmitglieder des ACKs (=Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland e.V.) oder auch für die Verwendung von einzelnen Versen in sozialen Medien mit einem gekürzten Copyrighthinweis. Offene Bildungsmaterialien (OER) werden aber nicht explizit genannt.
Auch auf der Plattform [bibleserver.com](https://www.bibleserver.com/) findet man zur Frage nach den Lizenzen folgende Aussage:
>„ERF Bibelserver ist eine Online-Plattform, auf der viele verschiedene Bibelübersetzungen angeboten werden. Diese sind in den meisten Fällen urheberrechtlich geschützt und dürfen ohne Genehmigung nicht vervielfältigt werden. (…) Darüber hinaus können wir dir keine Genehmigungen für die Vervielfältigung bzw. den Abdruck von Bibeltexten erteilen oder dich rechtlich beraten. Möchtest du Bibeltexte über unsere Plattform hinaus nutzen, wende dich bitte direkt an die jeweilige Bibelgesellschaft. Informationen hierzu findest du in den Copyright-Angaben am Ende jedes Bibeltextes“ [Bibelserver](https://www.bibleserver.com/help/rechte-an-bibeltexten/65).
Leider fehlen entsprechende Hinweise auf Seiten des [Katholischen Bibelwerks](https://www.bibelwerk.de/portal). Nach dem Merkblatt der Unterkommission Urheber-, Medien- und Verlagsrecht des Verbandes der Diözesen Deutschlands unterliegen beispielsweise liturgische Texte wie Gebete, Psalmen und Lesungen aus liturgischen Büchern dem Urheberrecht und dürfen grundsätzlich nur mit Genehmigung verwendet werden. Ausnahmen bilden gemeinfreie Gebete (wie z.B. das Kreuzzeichen, das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis oder das Gegrüßet seist du, Maria), kurze Zitate oder die Verwendung einzelner Bibelverse. Für das Verwenden längerer Passagen ist jedoch eine Lizenzfreigabe beim Katholischen Bibelwerk erforderlich. Auch hier ist es in der Regel möglich, Genehmigungen für die nichtkommerzielle Nutzung der Einheitsübersetzung oder für liturgische Texte kostenlos und für die kommerzielle Nutzung gegen eine geringe Umsatzbeteiligung beim Katholischen Bibelwerk zu erhalten ([vgl. DBK](https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD_2021/2021_Merkblatt_Genehmigungspflicht-Abdruck-von-Textpassagen-aus-liturg.-Buechern.pdf)).
## Was bedeutet eigentlich *Openness*?
Für die Arbeit mit OER und für Open Educational Practices (OEP) im religionsbezogenen Bereich ist die freie Zugänglichkeit der Materialien von zentraler Bedeutung. Zwar ist das freie, digitale Nachschlagen einer Bibelstelle online kostenlos möglich, aber kostenlos bedeutet nicht dasselbe wie *open* im Sinne von OER und OEP. Denn auch wenn ein Grundgedanke von OER ist, dass Material kostenfrei zur Verfügung steht, beschränkt sich *Openness* nicht allein auf die Kostenfrage ([Cronin 2017: 3](https://doi.org/10.19173/irrodl.v18i5.3096)). *Openness* bedeutet, dass man durch eine entsprechende Lizenzierung das Material entlang der [5 V-Freiheiten](https://open-educational-resources.de/5rs-auf-deutsch/) bearbeiten darf, nämlich **v**erwahren, **v**erwenden, **v**erarbeiten, **v**ermischen und **v**erbreiten (vgl. [Otto 2021](https://doi.org/10.1007/s11618-021-01043-2); [Wiley & Hilton 2018: 134f.](http://dx.doi.org/10.19173/irrodl.v18i4.3022)).
Auch die UNESCO-Definition zu OER streicht die *Openness* hervor:
> „Open Educational Resources (OER) are learning, teaching and research materials in any format and medium that reside in the public domain or are under copyright that have been released under an open license, that permit no-cost access, re-use, re-purpose, adaptation and redistribution by others” [(UNESCO 2019: 4)](https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000383205).
Hier zeigt sich eine deutliche Diskrepanz gegenüber den aktuellen lizenzrechtlichen Regelungen der großen Bibelverlage. Gerade der Gedanke von *Openness*, kollaborativem Arbeiten und offenen Bildungspraktiken kann mit den derzeitigen lizenzrechtlichen Bestimmungen der großen Bibelverlage nicht vereinbart werden. Denn nach Cronin sind die Grundelemente von OEP nicht nur kollaborative Praktiken, die die Erstellung, Nutzung und Wiederverwendung von OER umfassen, sondern auch pädagogische Praktiken, die partizipative Technologien und soziale Netzwerke für Interaktion, Peer-Learning, Wissensaufbau und die Befähigung der Lernenden nutzen (vgl. [Cronin 2017: 4](https://doi.org/10.19173/irrodl.v18i5.3096)).
## Chancen einer offenen Lizenz
Eine offene Lizenz würde neue pädagogische Möglichkeiten eröffnen, um Bildungsmedien und Lernartefakte verändern und wieder neu veröffentlichen zu können (vgl. [Clinton-Liosell 2021: 255](https://doi.org/10.56059/jl4d.v8i2.511); [Wiley & Hilton 2018](http://dx.doi.org/10.19173/irrodl.v18i4.3022)). Obwohl digitale Medien eine solche Arbeit ermöglichen, erlaubt das traditionelle Lizenzierungssystem einen solchen Ansatz mit traditionellen Medien wie der Bibel nicht. (vgl. [Clinton-Liosell 2021: 257](https://doi.org/10.56059/jl4d.v8i2.511)).
Neue Technologien und offene didaktische Modelle bieten die Möglichkeit mit Lernenden kollaborativ zu arbeiten. Im Sinne der 21st Century Skills können Lernende mit Hilfe von OER lernen, sich partizipativ mit biblischen Texten auseinanderzusetzen (vgl. OECD 2019: 16ff.). Im Rahmen der sog. offenen Pädagogik werden die Lernenden zu Wissensproduzent:innen und nicht zu Wissenskonsument:innen (vgl. [Clinton-Liosell 2021: 256](https://doi.org/10.56059/jl4d.v8i2.511)). Es bleibt die Frage, warum ausgerechnet die Bibel, die als wichtiges Kulturgut und zentrales Element religiöser Bildung gilt, lizenzrechtlich verschlossen bleibt.
## *Dark Reuse* eine verbreite Praxis
Allerdings ist es gängige Praxis, dass Bildungsmaterialien auf Grundlage der Bibel erstellt, geteilt und verbreitet werden. Pädagog:innen in schulischen und außerschulischen Lernorten tun dies allerdings in einer rechtlichen Grauzone und deshalb meist im Verborgenen. OER-Expter:innen sprechen bei informeller Nutzung und Austausch ohne offizielle Genehmigung oder Veröffentlichung vom sog. *Dark Reuse* (vgl.[Baas et al 2019](https://doi.org/10.5334/jime.510); vgl.[Beavan 2018](https://doi.org/10.5944/openpraxis.10.4.889)). *Dark Reuse* prägt den Alltag vieler Lehrender, wenn sie Material erstellen, weitergeben und überarbeitet wiederverwenden. Gründe für diesen „dunklen“ Austausch von Materialien sind rechtliche Unsicherheiten und Einschränkungen, die den öffentlichen Zugang oder die Verbreitung dieser Materialien erschweren. Die rechtliche Situation in Bezug auf die Bibel ist, wie bereits erläutert, komplex. Hinzu kommen verschiedene Übersetzungen, Kommentartexte und weitere Medien, die ihre eigenen Urheberrechtsbestimmungen aufweisen, so dass Lehrpersonen, die diese Materialien verwenden, bearbeiten oder weitergeben, möglicherweise gegen das Urheberrecht verstoßen, ohne sich dessen bewusst zu sein.
## Perspektiven
Die lizenzrechtliche Problematik bei der Nutzung geschützter Bibeltexte thematisierte bereits der Kölner Salesianer Pater Hatto von Hatzfeld [2016](https://www.domradio.de/artikel/salesianerpater-fordert-freie-lizenz-fuer-einheitsuebersetzung). In seiner Petition forderte er eine freie Lizenz für die Einheitsübersetzung, um die Bibel im digitalen Zeitalter breiter nutzbar zu machen und kreative Projekte wie Apps oder Foren zu fördern. Ziel seiner Initiative war es, die Verbreitung und Nutzung biblischer Texte zu erleichtern, dabei jedoch den Originaltext als solchen erkennbar zu lassen.
Wir haben uns mit den großen Bibelverlagen in Verbindung gesetzt, um die Frage der Bearbeitung und Vermischung von lizenzierten Bibeltexten für Unterrichtszwecke zu klären. In der ausführlichen Antwort der Deutschen Bibelgesellschaft wird betont, dass für Unterrichtsmaterialien eine Lizenz erforderlich ist, insbesondere für die Lutherbibel 1984 und 2017, die Gute Nachricht Bibel und die BasisBibel, da diese unter ausschließlichen Nutzungsrechten stehen. Obwohl eine CC-Lizenz in Erwägung gezogen wurde, hat sich die Deutsche Bibelgesellschaft gegen eine offene Lizenzierung dieser Übersetzungen entschieden. Wir haben auch das Katholische Bibelwerk kontaktiert, aber bisher leider keine Antwort auf unsere Anfrage bezüglich einer offenen Nutzung der Einheitsübersetzung erhalten. Da die geschützten Lizenzen den Anforderungen der 5V-Freiheiten nicht entsprechen, stellt das Lizenzrecht eine erhebliche Hürde für eine offene Bildungsarbeit dar. Eine mögliche Alternative sind unserer Recherche zufolge ältere Übersetzungen, die unter Public Domain fallen oder folgende ambitionierte und vielversprechende Projekte:
### Offene Bibel
Die *offene Bibel* ist ein ökumenisches Projekt, das biblische Texte in drei Übersetzungen - einer Studien-, einer Lesefassung und einer in Leichten Sprache - für unterschiedliche Zielgruppen zugänglich macht. Wissenschaftlich fundiert und unter freier Lizenz lädt sie zum Bibelstudium, zur kreativen Bearbeitung und zur Nutzung in verschiedenen Medien ein. Als partizipatives Projekt fördert sie den Dialog zwischen Übersetzenden und Lesenden, um eine möglichst genaue, verständliche und vielseitige Bibelübersetzung zu schaffen. Sie erlaubt den Nutzenden explizit, die Bibelübersetzungen frei zu verwenden:
> „Unsere Bibelübersetzungen sind frei ver­fügbar, dürfen kopiert und weitergegeben oder bearbeitet werden“ [Die Offene Bibel](https://offene-bibel.de/wiki/Willkommen_bei_der_Offenen_Bibel).
### Die diffBibel
Eine weitere Möglichkeit bietet auch die [diffBibel](http://www.diffbibel.de/). Das Projekt bietet eine OER-Sammlung biblischer Texte in drei Leseschwierigkeitsstufen für die Grundschule und die Sekundarstufe I. Ziel des Projekts ist es, Lernenden mit unterschiedlichen Lesefähigkeiten den Zugang zu biblischen Texten zu erleichtern und die Bibel möglichst vielen Gruppen zugänglich zu machen. Die Sammlung steht als OER kostenlos zur Verfügung und kann für religiöse Bildungsprozesse eingesetzt werden. Lehrende und Interessierte sind eingeladen, das Projekt mit eigenen Beiträgen zu erweitern und so die Materialsammlung weiter zu ergänzen.
Die offene Bibel und die diffBibel sind vielversprechende Ansätze, um biblische Texte für schulische und außerschulische Lernkontexte besser zugänglich zu machen. Beide Projekte stellen Texte in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zur Verfügung, die als OER unter einer offenen Lizenz stehen und somit kostenlos genutzt, bearbeitet und geteilt werden können. Dies ist besonders für Bildungseinrichtungen und Didaktiker:innen wertvoll, die so biblische Inhalte unkompliziert in ihre Lernsettings integrieren können und dazu beitragen, ein wichtiges Kulturgut lebendig zu halten.
Offene Lizenzen bringen aber auch Herausforderungen mit sich: Die offene Bibel kann beispielsweise in der Wortwahl von vertrauten Übersetzungen abweichen, was den Wiedererkennungswert mancher Texte mindert. Das liegt u.a. daran, dass sich in der für Schüler:innen am ehesten geeigneten 'Lesefassung' deutlich interpretierende Übersetzungen finden, die um der Verdeutlichung der Interpretation willen den Ursprungstext verändert ausdrücken. So findet sich auf der Homepage der offenen Bibel der bekannte Psalm 23 - allerdings in einem unbekannten Wortlaut. Zudem sind die Bibelprojekte noch unvollständig, so dass Nutzer:innen nicht bei allen Bibelversen fündig werden. Dennoch bleibt die Vision bestehen, diese Sammlungen weiter auszubauen und so langfristig eine umfassende und zugängliche Bibelquelle für vielfältige Bildungszwecke zu schaffen.
### Bibel-Escape-Room
Zum Schluss möchten wir eine spannende Materialempfehlung geben, die perfekt in die bevorstehende Weihnachtszeit passt: Der weihnachtliche Bibel-Escape-Room [Auf der Suche nach dem geheimnisvollen Licht](https://relilab.org/ruescape/) von Corinna Ullmann und Friederike Wenisch zeigt auf kreative Weise, wie man die Bibel lizenzkonform nutzen kann. Obwohl es sich nicht um OER im klassischen Sinne handelt, da die Materialien mit Canva erstellt wurden, sind alle Materialien frei verfügbar.