diff --git a/2025-10-06-Reformation/index.md b/2025-10-06-Reformation/index.md new file mode 100644 index 000000000..853b2c4ae --- /dev/null +++ b/2025-10-06-Reformation/index.md @@ -0,0 +1,34 @@ +# Luther als Influencer + +### Wenn Thesen viral gehen +„Hier stehe ich – und poste!“ +Diese humorvolle Umdeutung von Luthers berühmtem Zitat bildet den Ausgangspunkt einer Unterrichtseinheit für den evangelischen Religionsunterricht der Jahrgangsstufen 7/8. +Schüler:innen versetzen sich in Martin Luther hinein und erstellen einen Instagram-Post aus seiner Perspektive – mit Text, Bild und Hashtags. +Die Idee verbindet historisch-theologische Bildung mit digitaler Medienkompetenz: +Wie hätte Luther seine reformatorische Botschaft heute kommuniziert? Und was bedeutet Glaubensfreiheit in einer vernetzten Welt? +### Freiheit im Glauben – Reformation als Befreiungserfahrung +Im Zentrum der Reformation steht Luthers Entdeckung der Rechtfertigung allein aus Gnade (sola gratia). +Nicht menschliche Leistung, sondern göttliche Gnade befreit den Menschen – von Angst, Selbstoptimierung und religiösem Leistungsdenken. +Diese Einsicht prägt auch den heutigen Religionsunterricht: +„Ich bin angenommen – nicht weil ich perfekt bin, sondern weil Gott mich liebt.“ +Im Instagram-Post können Lernende diese Botschaft kreativ ausdrücken – mit Hashtags wie +#SolaGratia #FreiheitImGlauben #HierSteheIch +So wird Theologie nicht nur vermittelt, sondern kommunikativ erlebt. +### Historisch-theologische Bildung im digitalen Raum +Die Unterrichtsidee greift zentrale Konzepte auf, die in der aktuellen kirchengeschichts- und religionsdidaktischen Diskussion (vgl. Höhne 2023) betont werden: +1 Emotionale Beteiligung und performatives Lernen +Lernprozesse werden vertieft, wenn Lernende sich handelnd und emotional in historische Perspektiven hineinversetzen. +Der Instagram-Post ist ein narrativer Zugang, der Empathie und Identifikation ermöglicht. +2 Dekonstruktives und rekonstruktives Lernen +Wie bei der Arbeit mit historischen Avataren gilt auch hier: Nicht nur nacherzählen, sondern kritisch rekonstruieren. +Lernende fragen: Wie sah Luther seine Welt? Welche Konflikte prägten ihn? Wie wäre das heute? +Damit entwickeln sie historisches und theologisches Urteilsvermögen. +3 Multiperspektivität und Ambivalenz +Luther wird nicht als „Influencer-Held“ präsentiert, sondern als ambivalente Persönlichkeit mit Spannungen zwischen Mut, Glaube und Konflikten (z. B. mit Kirche, Autorität, Antijudaismus). +Das schützt vor Vereinfachung und fördert Geschichtsbewusstsein. +4 Digitale Bildung und Medienreflexion +Social Media wird nicht unkritisch genutzt, sondern reflektiert: +Welche Verantwortung trägt, wer öffentlich Glauben kommuniziert? +Wie beeinflussen Algorithmen religiöse Diskurse? +Wo liegen Chancen und Risiken digitaler Verkündigung? +#### Diese vier didaktischen Leitlinien verankern die Aufgabe theologisch, historisch und medienpädagogisch. \ No newline at end of file